Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein mahnt Verbesserungen an

Jahrelang hatten Flüchtlingsorganisationen eingefordert, für geduldete Frauen, Männer und Kinder ein großzügiges Bleiberecht zu schaffen und damit den Bildungs- und Arbeitsmarktzugang für betroffene Geflüchtete zu erleichtern. Das zu gewährleisten hatte Ende 2021 die Ampel-Koalition in Berlin zugesagt.

260.000 Geflüchtete bundesweit und in Schleswig-Holstein an die 12.000 waren im Asylverfahren nicht erfolgreich und wurden seither – z.T. jahrelang – aufenthaltsrechtlich lediglich geduldet. Die Duldung schränkt das Leben und die Integrationsmöglichkeiten der Betroffenen erheblich ein und ist für die öffentliche Hand kostenträchtig.

Bei aller Freude über die Pläne der Bundesregierung, das zu ändern, herrscht angesichts des am 7. Juni vom Bundesinnenministerium (BMI) vorgelegten Referentenentwurfs für ein Chancen-Aufenthaltsrecht beim Flüchtlingsrat Skepsis vor.

Denn der Gesetzentwurf (GE) ist so restriktiv formuliert, dass das eigentliche Ziel, mit diesem Instrument einer signifikanten Anzahl von Menschen aus der Duldung in einen robusten Daueraufenthalt zu bringen, als stark gefährdet erscheint.

Dass es Geflüchteten regelmäßig – und doch i.d.R. von ihnen unverschuldet – nicht gelingt, der Passpflicht durch erfolgreiche Vorsprache bei den Botschaften ihrer Herkunftsländer zu genügen, soll ihnen nun zum Verhängnis werden. Sie sollen mit der Unterstellung, nicht zur Klärung ihrer Identität beizutragen, vom geplanten Chancen-Aufenthaltsrecht ausgenommen werden.

„Allein das lässt vermuten, dass die Zahl der von der künftigen Bleiberechtsregelung Begünstigten möglichst klein gehalten und sie weiterhin dem öffentlichen Leistungsbezug anheimgestellt bleiben sollen“, befürchtet Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.

Bei der Identitätsklärung wären im GE eine Anpassung der überzogenen Anforderungen zielführend. Die in Schleswig-Holstein geltende Erlasslage betont, dass auch andere Dokumente als Identitätsnachweis genügen können. Es muss auch Zeit und Gelegenheit gegeben werden, Unzumutbarkeiten zu klären.

Auch sieht der GE keine Streichung von §60b AufenthG (sog. „Duldung Light“) vor. Damit soll dieses Instrument zur nachhaltigen Ausgrenzung von Geflüchteten aus der Möglichkeit, Integrationsleistungen zu erbringen, offenbar aufrechterhalten werden.

Das BMI fordert zu Stellungnahmen zum Gesetzentwurf bis zum 17. Juni auf.

Diese Gelegenheit der Einflussnahme auf den Gesetzgebungsprozess sollten sich auch Flüchtlingsorganisationen, Verbände, Initiativen, Arbeitgebende, Gewerkschaften, Migrationswissenschaft sowie nicht zuletzt Länder und Kommunen, die am Ende ebenso wie die betroffenen Geflüchteten die Last eines ungeeigneten Gesetzes tragen müssen, nicht entgehen lassen.

gez. Martin Link (Geschäftsführer FRSH e.V.)

Download: Referentenentwurf zum Chancen-Aufenthaltsrecht